Ein Dachboden ist magisch. Man steigt hinauf zu verstaubten Kisten und Regalen und taucht ein in die eigene Kindheit oder in die der Eltern und Großeltern. Scheinbar bedeutungslose Alltagsgegenstände erwachen in den eigenen Händen wieder zum Leben und rufen längst vergessene Erinnerungen herbei.
Wie toll muss Oma in diesem Kleid ausgesehen haben! Und wie stolz muss Papa auf diesen Pokal gewesen sein! Wofür hat er den noch mal bekommen? Für Geräteturnen? Und was waren das für Zeiten, als die Wäsche mühevoll mit dem Waschbrett geschrubbt wurde! Oder als Teddys aus Plastik waren – für alle die, die in der ehemaligen DDR aufgewachsen sind.
Viel zu schnell nehmen wir den Luxus von heute als Selbstverständlichkeit hin. Viel zu schnell werfen wir Dinge weg, sobald sie kleine Gebrauchsspuren aufweisen. Dabei verleihen gerade diese Spuren den Schätzen auf dem Dachboden ihren Wert. Sie sind mit Erinnerungen und Geschichten verknüpft, die in Vergessenheit geraten, wenn da nicht diese kleinen Gedächtnisauffrischer in den verstaubten Kisten schlummern würden. Auf einmal fällt einem wieder ein, warum der Spielzeugkatze der Schwanz fehlt. Und ein Lächeln huscht über die Lippen, sobald man die Szene wieder vor Augen hat, in der die kleine Schwester mit Engelsgeduld den Schwanz der Spielzeugkatze ab- und anschraubte, bis er irgendwann nicht mehr hielt.
An einem verregneten Nachmittag gibt es nichts schöneres als noch einmal stummer Gast der Vergangenheit zu sein. In das Kind hineinzuhorchen, das man selbst einmal war. Oder in den Alltag der Großeltern einzutauchen, der so komplett anders ablief als unser eigener.
In Zeiten von Ebay und Quoka werden schnell die eigenen Besitztümer gegen Bares eingetauscht. Es lohnt sich jedoch, ausgewählte Stücke zu behalten und sorgsam in einer Kiste zu verstauen. Vielleicht möchte ja bald die nächste Generation einen verregneten Nachmittag auf dem Dachboden verbringen und in der Vergangenheit kramen.
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